Und manchmal fühl' ich mich,
als wenn ich immer falle,
wunder mich, wie's möglich ist,
dass ich nicht auf den Boden knalle.
Mittelmaß, das Mittel, dass alles ineinander verschwimmt
Jeder Tag ein Gitterstab, ich will dem Gitter entflieh'n.
Ich bin stets alleine, auch wenn noch jemand da ist.
Mein Herz schlägt
schnell und unerträglich laut nach meinem Gefühl, obgleich es mir
zur selben Zeit vorkommt, als besäße ich gar keines, als sei ich
kalt und stumpf, ohne Blut und Leben, nicht imstande, die leiseste
Regung zu tun, die einem Menschen üblich ist. Die Scheibe zu meiner
linken trennt mich von dahinziehender Dunkelheit, in der man
schemenhaft Umrisse von Gebäuden, Leuten, Fahrzeugen erkennt, die
Umgebung, die Realität versucht sich noch zu verstecken in dem Kleid
der Nacht, das langsam zu Boden gleitet. Lichtkegel durchbrechen das
schwarze Gewand beizeiten, und ich lasse mich blenden, schaue, wie
sich der Schein ändert, sobald er durch die Scheibe trifft und diese
milchig wirken lässt. Am liebsten würde ich meinen Finger erheben
und an das beschlagene Glas malen, wie ich es früher zu tun pflegte
und wie es auch heutzutage noch die mit dem Bus fahrenden
Grundschulkinder tun. Fast muss ich lächeln bei dem Gedanken, dass
die Kleinen doch noch Gemeinsamkeiten haben mit denen aus meiner
Generation, aber ich kann nicht, bin unbeweglich, auch bin ich nicht
imstande, meine Hand zu rühren, um sie an die beschlagene Fläche
neben mir zu führen, bin unbeweglich. Für einen Moment ist vor dem
Fenster bloß dasselbe zu sehen, nicht verwischt durch die Fahrt,
sogar in die Dunkelheit blickend ist mir bewusst, dass der Bus steht.
Meine Lider senken sich einen Moment und ich schicke ein stilles
Stoßgebet durch die Decke hinauf, bitte nicht bitte nicht bitte
nicht bitte nicht. Aber es nützt nichts. Natürlich nichts. Mein
Atem kommt so unkontrolliert, dass ich angestarrt zu werden fürchte,
als wäre ich ein schwer atmender Drache, kurz davor, Rauch und
Flammen und Ruß auszuspeien, oder bloß ein Greis mit teerschwarzer
Lunge und dem ständigen Risiko zu ersticken an einem scheinbar
simplen Hustenanfall. Mein Kopf will mir einreden, es sei alles in
Ordnung und ich lächerlich in meinem Benehmen. Also stelle ich kurz
meine Musik etwas leiser, um zu kontrollieren, ob mein Atem rasselnd
und anderen unangenehm sein könnte, aber es ist einigermaßen in
Ordnung, denke ich. Am liebsten will ich vergessen, wie die Situation
ist, mich in den Melodien verlieren, die in meine Ohren fließen, und
der Dunkelheit, in der ich allein durch das Betrachten ihres
Vorbeigleitens schwimme. Will eintauchen in diese zwei Medien purer
Ästhetik und das Gefühl, das auf ihnen, in ihnen und um sie liegt,
wie die Gischt auf den Wellen rauscht lautlos und tröstend
Melancholie in den Tönen und der Nacht. Doch Verdrängen ist nicht
meine Stärke und trotz der Lautstärke, die ich aufgedreht habe,
höre und spüre ich ich die Anwesenheit eines Menschen neben mir. Es
muss kaum erträglich sein für ihn, denke ich, und versuche,
unauffällig noch weiter ans Fenster heranzurücken, will mich so
klein wie möglich machen, bis ich verschwinde in dem Ozean aus Musik
und Dunkelheit und Melancholie. Ich beiße mir auf die Lippen,
verfluche das Pumpen meines Herzens und das Arbeiten meiner Lunge. Es
würde mir nichts ausmachen, müsste ich auf den
Kohlendioxidaustausch verzichten, wäre sicherlich interessant. Ich
will den Sauerstoff doch gar nicht aufnehmen in mich, wo die Luft
hier im Bus doch sowieso verbraucht und abgestanden ist, viel lieber
atme ich Glück und Liebe und Düfte, Natur und Worte und
Sonnenschein. Mein Blick ist ins Leere gerichtet, such dort
sehnsüchtig nach Luft, die mir beliebt, doch alles, was ich
erkenne, sind Musik, Dunkelheit und Melancholie. Doch das reicht, es
ist fast wie Seeluft atmen
Das kursiv Geschriebene entsprang der Feder des Friedrich Kautz.
5 Kommentare:
Dieser Text auch.
Deine Worte.
Sie inspirieren :)
Und so ein Kompliment von DIR!
Danke :) Danke dir sehr!
:)
du bist so talentiert <3
dein talent springt einem ins gesicht.
danke für deine lieben worte.
ich freue mich auch auf den frühling, sehr sogar.
lieb von dir, alles.
danke für deine komplimente.
und zu deinem kommentar auf meinem textblog: danke. ja, liebe ist nähe, auch über große entfernungen hinweg.
es tut gut, jemanden zu haben, bei dem man sich sicher sein kann, dass er einen nicht vergisst.
Lina♥
...oh man...der text nimmt echt mit. wunderwunderwunderschön & wow...sehr gut!
...
ich folge dir jetzt damit ich öfters sowas lesen kann :)
ok, ein problem hab ich...
ich finde den "button" nicht um dir zu folgen :(((
Kommentar veröffentlichen